Site Loader
Westfalen, Niederrhein und deutschlandweit
Westfalen, Niederrhein und deutschlandweit

Ich möchte euch gerne mitnehmen in die praktische Welt der Bauphysik. Ein großer Teil meiner Arbeit ist die energetische Planung und Beratung in jeglicher Ausprägung. Eine viel gestellte Frage ist die, nach der energetischen Qualität der Gebäudehülle (also der U-Werte von Außenwand, Dach, Fenstern, Bodenplatte, etc.) und der verwendeten Anlagentechnik. Hier möchte ich euch also nach und nach ein paar ausgewähle Projekte zeigen. Wir starten mit einem kleinem optischen Highlight, einer modernen Stadtvilla mit gut 200m² Wohnfläche im EH 40 Standard mit Plus-Paket. Viel Spaß beim lesen!*


Architektur und Anlagentechnik

Dieses Einfamilienhaus hat ein hochmodernes Äußeres, aber auch einen hochmodernen Energiestandard. Es wurde ohne Keller errichtet, dafür mit einem zurückspringenden Staffelgeschoss. Das Flachdach verschwindet hinter einer Attika und die großen Fensterflächen runden das moderne Design ab.

Stadtvilla als EH 40, Grundriss Erdgeschoss, Sarah Kosmann 2018.
Stadtvilla als EH 40, Grundriss Obergeschoss, Sarah Kosmann 2018.

Energetisch ist das Gebäude als Effizienzhaus 40 mit Plus-Paket errichtet worden. Große Fenster an der Ost- und Südseite erhöhen die internen Gewinne, die Nordseite ist fast komplett geschlossen, an dieser Hausseite befindet sich auch die Garage und der HWR. Aufwendig war hier vor allem die Berechnung der Wärmebrücken, insbesondere durch das zurückspringende Staffelgeschoss. Oft aufwendige Wärmebrücken im Erdreich waren hier dagegen kein Thema.

Das Gebäude wird mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe und Kombi-Pufferspeicher über eine Fußbodenheizung beheizt. Zudem ist noch ein wasserführender Kamin angeschlossen, der aber nicht in der Bilanz berücksichtigt wird. Die Wärmepumpe wird im Sommer zur leichten passiven Kühlung in der Decke eingesetzt. Es gibt zudem eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Es ist eine 7kWp PV-Anlage mit entsprechendem Batteriespeicher installiert.

Bauteile

Die wesentlichen Bauteile des Effizienzhauses zeige ich euch in der folgenden Auflistung. Diese ist natürlich nicht abschließend und umfassend, jedoch machen einzelne Bauteile für die Gebäudebilanz wenig Unterschied. Immer wieder sind die entscheidenen Aufbauten: Außenwand, Bodenplatte, Dach, Fenster.

  • Außenwand, U-Wert = 0,146 W/m²K
    • Innenputz
    • Porenbeton – 175mm – 0,14 W/mK
    • Mineralwolle – 180mm – 0,035 W/mK
    • Klinker
  • Bodenplatte, U-Wert = 0,150 W/m²K
    • Stahlbeton
    • XPS – 180mm – 0,035 W/mK
    • EPS – 40mm – 0,035 W/mK
    • Estrich
  • Flachdach, U-Wert = 0,141 W/m²K
    • Stahlbeton
    • Mineralwolle – 280mm – 0,035 W/mK
  • Fenster, Uw-Wert = 0,74 W/m²K
  • Haustür, Ud-Wert = 1,80 W/m²K
  • Wärmebrücken detailliert mit UWB = 0,02 W/m²K

Ergebnisse

Endenergie- und Primärenergiebedarf eines EH 40
Ergebnisse Ist-Wert Soll-Wert % vom Soll-Wert Soll-Wert für KfW-Effizienzhaus 40
HT‘ bzgl. Referenzgebäude [W/(m²K)] 0,208 0,375 55 % 55 %
HT‘ bzgl. EnEV-Sollwert [W/(m²K)] 0,208 0,400 52 % 100 %

spezifischer Primärenergiebedarf [kWh/(m²a)] 24,9 71,2 35 % 40 %

Primärenergiebedarf [kWh/a] 7.440,4 21.287,4 35 % 40 %

Zusammensetzung des rechnerischen Heizwärmebedarfs
Zusammensetzung des rechnerischen Endenergiebedarfs

Fazit

Zunächst kann man bei diesem Projekt sagen, dass die Bauteile zwar hochgedämmt, aber ohne spezielle Materialien auskommen. Besonders im oberen Gebäudeabschluss ist es letztlich fast egal, ob 200 oder 300mm Dämmung eingebaut werden – die Kosten sind absolut untergeordnet. Die 180mm Dämmung hinter dem Klinker ergeben da natürlich insgesamt einen sehr dicken Bauteilaufbau. Das muss man mögen oder zumindest akzeptieren. Bei ausreichender Planung ist auch eine dick gedämmte Bodenplatte kein Ausführungsproblem, hier ist jedoch auf jeden Fall auf einen ausreichenden Feuchteschutz zu achten! Die Fenster sind als Passivhausfenster mit einem Uw-Wert von 0,74 W/m²K eingebaut worden. Dies hat neben der Gebäudebilanz auch etwas mit Behaglichkeit zu tun: Im Wintergarten wünschten sich die Bauherren Sitzmöglichkeiten direkt an den beiden großen Fenstern. Je besser hier der U-Wert ist, desto höher die Oberflächentemperaturen an der Scheibe und geringer die Zuglufterscheinungen. Man fühlt sich also „wohl“, auch direkt vor der Scheibe.

Eine Schlüsselrolle kommt hier, wie bei nahezu allen Niedrigenergiehäusern, den Wärmebrücken zu. Ohne eine detaillierte Berechnung ist ein Effizienzhausstandard (wirtschaftlich) nicht möglich. Neben der Berechnung besteht in der Planung dann auch die Möglichkeit Verbesserungen an den betroffenen Bauteilanschlüssen duchzuführen, was dann auch in der Praxis zu einem niedrigeren Wärmeverlust führt.

* Die Erklärungen in diesem Blog sind natürlich vereinfacht. Fachlich könnte man viele der Themen deutlich mehr ausarbeiten und komplexer beschreiben. Dazu kann man sich gerne der gängigen Fachliteratur bedienen.

Post Author: Sarah Kosmann

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert